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Spielend lernen – ein medienpädagogisches Projekt im Europahaus des Kindes

Medien haben sich, wie kaum ein anderes Thema, in den Alltag von Kindern und Jugendlichen integriert und sind zu einem festen Bestandteil in deren Umgebung geworden. Kinder und Jugendliche nutzen die Medien, um sich mit anderen auszutauschen, ihrer Meinung zu persönlichen oder gesellschaftlichen Themen Ausdruck zu verleihen und sich selbst als aktive/n Mediennutzer/in zu erleben. Medienpädagogik ist somit untrennbar mit dem sozialen Lernen verbunden. Daher hat es sich die Medienpädagogik zur Aufgabe gesetzt, Erziehungs- und Bildungsprozesse verantwortungsvoll zu begleiten.
Umfassendes Ziel der Medienpädagogik ist die Förderung kommunikativer Kompetenzen, sowie der Medienkompetenz: das Wissen über Medien und deren Funktionsweise (Medienkunde), handlungsorientierte Umsetzung des Wissens (Mediennutzung), Erkenntnisse über „Tricks“ der Medien (Medienkritik) und Anregung von Fantasie und Kreativität (Mediengestaltung).

 

Auch das Europahaus des Kindes beschäftigt sich immer wieder mit der Frage, wie Kinder in sozialpädagogischen Wohngruppen mit Medien umgehen und wer sie auf dem Weg zu medienkompetenten jungen Menschen begleitet. Da die sozialpädagogische Tätigkeit wenig Zeit für die medienpädagogische Förderung zulässt, ist die Betreuung und Förderung der Kinder und Jugendlichen im Bereich der Medienerziehung, vor allem im Rahmen von Projektangeboten, von großer Bedeutung.

 

Im September 2011 absolvierte Nadja Golitschek, Studentin der Kultur- und Medienbildung an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, Deutschland, ein Praktikum im Europahaus des Kindes. In dieser Zeit führte sie in der WG 2 medienpädagogische Projekte mit den Kindern durch. Mit Hilfe der vielfältigen medialen Ausdruckmöglichkeiten wurde den Kindern in Kurzprojekten die Gelegenheit gegeben, sich in die verschiedenen Dimensionen der Medienkompetenz einzuarbeiten.

 

Die medialen Kurzzeitprojekte in der WG2 waren für einen Zeitraum für zwei bis drei Stunden ausgelegt und wurden am Nachmittag ausgeführt. Mit einer Digitalkamera ausgestattet, wurden zunächst kleine Trickfilme aus selbst gebastelten Figuren und aus Spielfiguren erarbeitet. Vor den Trickfilmproduktionen bekamen die Kinder eine kleine Einführung in die verschiedenen Einstellungsgrößen, die beim Film verwendet werden. Die Kinder lernten außerdem, dass eine Sekunde Film aus 25 Einzelbildern besteht, die Figuren also immer nur in kleinen Schritten bewegt werden dürfen – eine echte Geduldsarbeit!

 

Kulisse für Trickfilm BauernhofPlaymobilbauernhof

 

Nach anfänglichen Berührungsängsten mit der Digitalkamera und nach einer kleinen Einführung ging es dann auch los. Nach jeder Bewegung wurde ein Foto mit der Digitalkamera gemacht, wobei sich die Kinder bei der Bedienung der Kamera und bei den Bewegungsausführungen der Figuren abwechselten. So entstanden in zwei Stunden schon einmal 200 bis 300 Bilder. In dieser Zeit hauchten die Kinder einem Playmobil-Bauernhof oder Papierfiguren auf der Leinwand Leben ein, indem sie Geschichten entwickelten und diese mit den Figuren darstellten.

 

kl. Western m. Playmobilfiguren

Die aufgenommenen Bilder wurden anschließend am Computer gesichtet und in einem Schnittprogramm zu einem Film zusammengefügt und mit GEMA-freier Musik und Geräuschen unterlegt. Zum Teil synchronisierten die Kinder auch selbst ihre Trickfilme, was ihnen sehr viel Spaß machte. Das umfangreichste Projekt war ein kleiner Western aus Playmobil-Figuren, dessen Aufnahme, Schnitt und Synchronisation beinahe eine ganze Woche Zeit in Anspruch nahm. Besonders hier wurde den Kindern deutlich, welch ein Aufwand und wie viel Arbeit bereits in einem kleinen Film stecken.

 

 

Auch wurden Trickfilme mit den Kindern selbst gemacht, in denen zum Beispiel ein Schal von einem Kind zum anderen wandert, die Patschen eines Kindes sich plötzlich verselbstständigten und vor seinem Besitzer flüchten oder sich eine Mütze wie ein Propeller auf dem Kopf eines Kindes dreht. Als die fertigen Filme angesehen werden konnte, waren die Kinder sehr stolz auf ihre eigenen Werke, denn sie hatten einen Eindruck davon bekommen, dass es neben dem Spaß auch eine ganze Menge Arbeit bedeuten kann, einen kleinen Trickfilm von ein bis zwei Minuten zu erstellen.

 

Neben den Trickfilmen wurde auch ein eigener kleiner Film mit den Kindern gedreht. Die WG 2 des Europahauses suchte nämlich das „Topmodel 2011“. Nachdem jedes der Mädchen geschminkt und frisiert war, was ihnen sehr viel Spaß machte, präsentierten sich alle Anwärterinnen auf dem „Catwalk“ der Kamera – eine harte Entscheidung für die Jury. Nach langer Beratung gab sie endlich ihre Entscheidung bekannt: alle Teilnehmerinnen wurden Topmodel 2011 des Europahauses.

 

Viel Freude bereitete auch das Erstellen einer Fotogeschichte. Die Kinder konnten eigene Bilder in ein Comic-Programm laden und mit Sprech- und Denkblasen versehen, zu denen sie sich einen Text ausdachten. Dabei entstanden lustige und interessante Geschichten. Bei einer Internet-Rallye, in der Fragen mit Hilfe des Internets beantwortet werden sollten, wurde das Internet als Informationsquelle herangezogen. Die meisten Kinder nutzen den Computer und das Internet ausschließlich für Spiele. Daher war es für manche das erste Mal, dass der Computer für Recherchen verwendet wurde. Bei dieser Schnitzeljagd durch das Internet, die manchmal etwas mühsam war, wurde vielen klar, dass das Internet nicht nur zum Spielen gut ist.

 

Am Ende dieser ereignisreichen Zeit bekamen die Kinder eine DVD mit all ihren Medienproduktionen, die sie erstellt hatten. Das gemeinsame Ansehen bereitete noch einmal viel Freude und alle waren sehr stolz auf ihre lustigen, interessanten und unterhaltsamen Werke und auf das, was sie in dieser Zeit gelernt haben.