Tiergestützte Pädagogik
Wie alles begann
1999 – als das Europahaus des Kindes noch als Internat geführt wurde – entstand die Idee, am Gelände des Europahaus des Kindes eine Tierfarm zu errichten. In den darauf folgenden Jahren wurde das Projekt Tiergestützte Pädagogik schrittweise umgesetzt. Nach der Errichtung des Stalls im Jahr 2000 übersiedelten im Jahr 2001 (das Europahaus des Kindes führt seit diesem Jahr drei sozialpädagogische Wohngruppen) die ersten Tiere – Schafe, Ziegen, Hängebauchschweine, Hasen und Enten – in unsere Tierfarm. Im April 2002 kamen unsere drei Lamas Piccaro – Poppi, Gargamel und Anatol zu uns.
Für unseren Alltag im Bereich der „Tiergestützen Pädagogik“ bekamen wir von Anfang an viel Unterstützung und Hilfe von Esperanza – Zentrum für tiergestützte Pädagogik – www.esperanza.at.
Tiergestützte Pädagogik im Europahaus des Kindes
Im Europahaus des Kindes unterstützen wir Kinder, die aufgrund von sehr belastenden familiären Lebensumständen bei uns ein neues Zuhause gefunden haben. Die tiergestützte Pädagogik stellt ein wertvolles Angebot für die Kinder dar und bietet vielfältige Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten. Der Schwerpunkt liegt dabei im sozialen und emotionalen Lernen.
Tiergestützte Pädagogik ist seit einiger Zeit eine beliebte und sehr wirkungsvolle Unterstützung für Menschen, die aufgrund traumatischer Erlebnisse Schwierigkeiten haben sich zu öffnen, nonverbal wieder Vertrauen zu finden und eine emotionale Bindung aufzubauen.
Tiere sind ehrlich und vertrauenswürdig zu den Kindern. Sie fordern nichts und geben ihnen Körperkontakt und Nähe. Der Umgang mit den Tieren wirkt sowohl beruhigend als auch anregend auf die Kinder. Unsere Vierbeiner sind nicht nur Seelentröster, sie haben auch eine wichtige soziale Aufgabe.
Der Kontakt zu den Tieren fördert weiters das Einfühlungsvermögen, Rücksicht und Verantwortungsbewusstsein. Durch kleine Übungen mit den Tieren können das Selbstbewusstsein der Kinder sowie Selbstständigkeit und motorische Geschicklichkeit gestärkt werden.
Unsere Sonder – und Heilpädagogin – Schwerpunkt Tiergestützte Pädagogik-Therapie – betreut Kinder in Einzelförderstunden und kann so auf besondere Bedürfnisse eingehen. Die Methode und die Zielsetzung ist abhängig vom Kind. Regelmäßig wird reflektiert, ob die Ziele erreicht werden bzw. wie der weitere Verlauf der Betreuung aussehen soll.
Alltag im Bereich Tiergestützte Pädagogik im Europahaus
Es gibt sehr viele positive Effekte, die wir seither beobachten konnten. Im Rahmen der tiergestützten Pädagogik ist aber auch das Thema Tod und Trauer immer wieder präsent. Es verstarben in den vergangenen Jahren immer wieder Tiere, die uns treue Begleiter waren wie auch im Herbst 2010 unser Lama Anatol unerwartet über die Regenbogenbrücke gehen musste. Aufgrund eines schweren Leidens musste – unter der Erkenntnis, Anatol nicht helfen zu können – die belastende Entscheidung getroffen werden, Anatol zu erlösen.
Der Verlust Anatols traf auch die Kinder sehr. In der Trauerarbeit war es wichtig, dass die Kinder die Erfahrung machten, dass unser Anatol nicht sofort durch ein neues Lama ersetzt wird. Das Zulassen und sich Eingestehen von Schmerz und Trauer ist sehr wichtig, um zu lernen, mit Verlusten umzugehen. So können die Kinder für ihr weiteres Leben wichtige Erfahrungen sammeln.
Unsere Tiere der Tierfarm als Freunde und Begleiter
An Wochenenden und Feiertagen werden unsere Tiere sehr engagiert von SozialpädagogInnen und Kindern versorgt. Das Projekt Tiergestützte Pädagogik hat sich dank der Mithilfe aller MitarbeiterInnen des Europahaus des Kindes in den letzten Jahren zu einem sehr wichtigem Unterstützungsangebot für unsere Kinder entwickelt. Im sozialpädagogischen Alltag finden sich immer wieder Projekte, die im Rahmen der Tiergestützen Pädagogik konzipiert werden. Lamaführschein für Kinder, Tiere in den Wohngruppen, Lamatrekkingtouren, Projekt „Unsere Minischweine kommen groß raus; Projekt „Wohlfühlgarten“ sind nur einige Projekte, die die regelmäßigen Einzelförderstunden durch die Sonder- und Heilpädagogin ergänzen.
Projekte im Rahmen der Tiergestützten Pädagogik bieten eine wichtige Möglichkeit, Kinder und Jugendliche in der Entwicklung der Selbstständigkeit, der Selbstverantwortung und des Selbstwertgefühls zu unterstützen. Dies ist von besonderer Bedeutung für Kinder und Jugendliche, die in sehr instabilen Familiensystemen wenig Förderung und Zuwendung erhalten haben. Dank der Unterstützung durch „Licht ins Dunkel“, unserem wichtigen Sponsor Bayer Austria und weiteren Spendern und Sponsoren können wir unsere Projekte durchführen. Wir hoffen, dass uns dies auch in Zukunft gelingt, um die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen im Entwicklungsprozess zu selbstbewussten und lebensfrohen Menschen begleiten zu können.